Banu

Banu kauft gerne ein, wenn sie in der Türkei Ferien macht. Sie mag türkischen Kitsch, »dass alles so groß präsentiert wird, mit sehr viel Schnick­schnack«. Die komplette Erst­ausstattung für ihre kleine Tochter hat sie von dort mitgebracht. Die Türkei ist das Herkunfts­land ihrer Eltern und Groß­eltern. Banu verbindet damit Heimat und Familie. »Schon wenn man aus dem Flieger kommt, bläst einem die Wärme ins Gesicht und man denkt, ach jetzt bin ich in der Türkei, ich bin jetzt zu Hause.« Doch nach drei Wochen freut sie sich, wieder »nach Hause nach Deutschland« zu kommen.

Banu ist 29 Jahre alt und in Berlin geboren und auf­gewachsen. Hier hat sie auch ihre Ausbildung zur Zahn­arzt­helferin gemacht. Ihr Mann ist »auch hier geboren und hat die gleiche Kultur.« Die beiden haben eine zwei­jährige Tochter, über deren Zukunft sie sich viele Gedanken machen. Bis vor kurzem war Banu in Eltern­zeit, jetzt ist sie wieder berufs­tätig. Früher hat Banu professionell türkischen Volkstanz ausgeübt. Heute hat sie dafür keine Zeit mehr. Trotzdem sagt sie: »Musik und Tanzen – das ist für mich Leben, das ist für mich, wie neu auf die Welt kommen.«

Banu spricht drei Sprachen – Türkisch, Deutsch und Englisch. Ihre Tochter will sie zwei­sprachig aufziehen. Wenn sie ihr deutsche Bücher vorliest, erfinden sie gemeinsam türkische Geschichten dazu. Es ist Banu sehr wichtig, ihr Kind auf das Leben mit zwei Kulturen und mehreren Sprachen vor­zubereiten.

Banu beschreibt sich selbst als »deutsch-türkische moderne muslimische junge Frau«. Sie ist gläubig und versucht, den Regeln ihrer Religion entsprechend zu leben. »Natürlich lebe ich das wie in diesem Jahr­hundert und nicht wie im letzten Jahrhundert!« Aktuell hat sie einen inneren Zwiespalt, da sie »noch nicht bereit ist« ein Kopftuch zu tragen.

Banus Eltern gehören zur zweiten Generation der Zugewanderten. Die Mutter zog als Kind mit ihrer Mutter und den Geschwistern von der Türkei nach Berlin. Hier lebte der Vater, der schon Jahre zuvor als »Gast­arbeiter« gekommen war und seine Familie endlich nach­holen wollte. Banus Eltern lernten sich in Berlin kennen und heirateten auch hier. Sie hat bis heute ein enges Verhältnis zu beiden.

Ihre Familie ist gut integriert, sagt Banu, auch wenn sie manchmal das Gefühl hat, nicht ganz dazu­zugehören. In der Türkei geht es ihr ähnlich, da wird sie als Deutsch-Türkin bezeichnet.

Banu fände es schön, wenn ihre Tochter in Istanbul aufwachsen könnte, das sie als junge, dynamische »Multi-Kulti-Stadt« beschreibt. »Aber das ist Wunsch­denken. Und eine finanzielle Frage. Aber ich würde nie komplett wegziehen aus Berlin ... Ich würde immer hin und her pendeln.«