Hanadi

Hanadi ist eine Frau, die sich nichts gefallen lässt. Sie hat schon große Schwierigkeiten bewältigen müssen, viele davon haben mit der Ausländerbehörde zu tun, die ihrer Familie das Leben schwer macht.

Geboren wurde Hanadi 1980 in Beirut, obwohl ihre Mutter damals schon in Berlin lebte. Als sie zwei Jahre alt war, reiste ihre Mutter mit ihren zwei Kindern in ihr Heimatland, den Libanon, um dort die Ferien zu verbringen. Eine falsche Entscheidung, denn kurz darauf marschierten israelische Truppen in den Libanon ein. Das Leben der Familie war in Gefahr, der Vater wurde gefangen genommen. Erst 1989 – die Mauer war gerade gefallen – gelang es der Mutter mit ihren nun vier Kindern wieder nach Berlin zu fliehen. Der Vater kam erst eineinhalb Jahre später nach. Hanadi kann sich an die Schrecken des Krieges erinnern, sie hat Angst, den Libanon zu besuchen, obwohl sie Sehnsucht nach dem Geruch des Meeres hat. »Ich bleibe lieber in Deutschland und bin sicher.«

Wie vielen Bürgerkriegs­flüchtlingen wird der Familie in Deutschland kein Asyl gewährt. Dreizehn lange Jahre müssen sie in verschiedenen Heimen wohnen und ständig Angst vor der Abschiebung haben. »Viele Familien sind daran zerbrochen, wir nicht!« Hanadi wechselt sieben Mal die Schule, trotzdem schafft sie den Erweiterten Haupt­schul­abschluss. Sie ist jetzt 16 Jahre, wohnt zwangsweise in Marzahn und wird auf der Straße als »Scheiß-Ausländer« beschimpft. Das Ausländerrecht verbietet alles: Sie darf nicht weiter zur Schule gehen, keine Ausbildung beginnen und nicht arbeiten. »Ich hätte studieren können«, denkt sie sich heute, »ich bin klug genug«. Stattdessen heiratet sie und bekommt drei Söhne. Die Ehe ist unglücklich, auf Zuraten und mit Unterstützung ihrer Eltern lässt sie sich scheiden. »Ich will nie mehr heiraten.« Hanadi selbst hat einen libanesischen Pass, ihre Jungs sind immer noch staatenlos. Alle sechs Monate muss sie zur Ausländer­behörde gehen und ihren Aufenthalt verlängern lassen. Als sie mit 24 Jahren endlich einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommt, zieht sie sofort nach Neukölln. Hier wird sie nicht mehr komisch angesehen und beschimpft, sie fühlt sich wohl und will bleiben. »Keiner nimmt mich hier als Außerirdische wahr.«

Sie beginnt als Stadtteilmutter und Stadtführerin in Neukölln zu arbeiten. Als Stadt­teil­mutter unterstützt sie arabische Familien in Neukölln, deutsche Gesetze und Ämter zu verstehen und mit Problemen zurecht­zukommen. Als Stadtführerin bringt sie deutschen Gruppen Neukölln nahe – und zeigt ihnen, dass auch eine Frau mit Kopftuch eine eigene Meinung und viel Humor haben kann.

Der muslimische Glaube hilft ihr, richtige Entscheidungen zu treffen und ihre Kinder zu anständigen Menschen zu erziehen. Hanadi liebt ihre große laute Familie über alles. Sie tanzen zu Hochzeits­videos mit Dabke-Musik, helfen einander und lassen keinen traurig nach Hause gehen.