Marthe

Marthe lebt für ein Jahr in Berlin. Sie kommt aus Ruanda in Ost-Afrika und macht ein Freiwilliges Soziales Jahr im Jugend Museum. Ins Ausland zu reisen war für Marthe ein großer Traum. Sie will neue Freunde treffen, eine neue Sprache lernen und erfahren, wie sich das Leben in Deutschland von dem in Ruanda unterscheidet.

Marthes Muttersprache ist Kinyarwanda. Außerdem spricht sie Englisch, Französisch, ein bisschen Swahili und lernt gerade Deutsch. Ihre Lieblingsformulierungen auf Deutsch sind: »Megasuper!«, »Guck mal hier!« und »Keine Ahnung!«.

Übers Internet steht Marthe in engem Kontakt mit ihrer kleinen Schwester und ihren beiden Brüdern in Ruanda. Die Geschwister haben ein besonders enges Verhältnis zueinander, weil sie schon sehr früh ihre Eltern verloren haben. Von ihrer Schwester hat sie zur Abreise eine Tasche geschenkt bekommen mit den Worten: »Bitte vergiss Ruanda nicht und denk dran: Wir lieben dich weiterhin!«

Bevor Marthe nach Berlin kam, studierte sie in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, Bank- und Finanzwesen. Aber die Arbeit mit den Kindern im Museum gefällt ihr so gut, dass sie überlegt, nach ihrer Rückkehr eine pädagogische Ausbildung zu machen, um auch in ihrer Heimat mit Kindern arbeiten zu können.

Dass Marthe hier sein kann, ist eine Besonderheit: Einige junge Deutsche, die in einem südlichen Land ein freiwilliges Jahr leisten konnten, gründeten vor ein paar Jahren den Verein »Zugvögel e.V.«. Er hat das Ziel, den Austausch auch andersherum zu organisieren und jungen Menschen aus Ländern des globalen Südens die Chance eines freiwilligen Engagements in Deutschland zu bieten. Über eine Partnerorganisation in Ruanda konnte sich Marthe dann für Berlin bewerben.

Marthe liebt Farben und sie liebt es zu shoppen. Vor allem Taschen. Gerne stimmt sie Haarschmuck, Tasche und Schuhe auf die Farbe ihrer Kleidung ab. In Ruanda ist das bei vielen jungen Frauen sehr beliebt und nennt sich »Concordance«.

Einen wichtigen Stellenwert in Marthes Leben haben der Glauben und die Gemeinschaft in einer Kirchengemeinde. In Kigali sang sie im Kirchenchor und verbrachte ihre Wochenenden in der Kirche. In Deutschland vermisste sie ihre Kirche zuerst sehr, in den Gottesdiensten, die sie hier besuchte, fehlte die Heiterkeit. Alles erschien ihr so geordnet und still, jeder sang für sich, die Augen im Gesangsbuch. In Ruanda wird laut und frei in der Gruppe gesungen. Wenn der Pastor seine Predigt gehalten hat, können die Menschen nach vorne kommen und Gott Dank sagen, für konkrete Hilfe, die sie bekommen haben. Zum Glück hat sie nach einigen Wochen in Berlin ein nigerianisches Mädchen getroffen, das auf dem Weg zu ihrer Kirche war und sie gleich einlud. Dort gefällt es ihr.